Wednesday, January 31, 2007

Selbstportraits und Humor auf rotfigurigen Vasen

Heute war ich auf einem Vortrag von Guy Hedreen mit dem etwas länglichem Titel: "Iambic caricature and self-representation: an interpretation of internal references among red-figure vase-painters of the Pioneer Group" (und fragt mich bitte nicht was lambic bedeuten soll, das wurde in dem Vortrag nicht so klar - vielleicht erbarmt sich ja Julia und versorgt uns mit einer Definition). Im Wesentlichen ging es darum ob Selbstportraits der Maler von rotfigurigen Vasen der Zeit 520-500 Realität, Fiktion oder humoristische Absicht sind.


Wir (= Hedreen) kamen zu dem Schluss dass es sich nicht nur um Fiktion sondern zusätzlich um eine humoristische Darstellung handelt. Ein paar Beispiele anhand derer wir das sehen konnten.


Auf dem rotfigurigen Gefäß von Euphronios (München 8935) ist ein Symposium dargestellt, aber es ist ein besondners mieses Symposium. Die Aulos spielende Dame ist als Begleiterin eines Symposiums schon etwas über ihrer Zeit (Doppelkinn) und trägt den Nicknamen 'Feige' was nicht als besonders freundlich galt:

http://ru.wikipedia.org/wiki/%D0%A4%D0%B0%D0%B9%D0%BB:Symposion_Staatliche_Antikensammlungen_8935_A.jpg

Einer der Teilnehmer ist schon so betrunken dass er nicht mehr mitbekommt was auf dem Symposium so abgeht und uns mit etwas glasigem Blick frontal anschaut:


Ein anderes Beispiel ist München 2307, auf der eine Tansszene dargestellt ist, eine Handlung die der Oberschicht vorbehalten war:

http://wp.chs.harvard.edu/chs-fellows/files/2011/12/Slide1.jpg
Die Inschrift die dabei steht bedeutet 'as never Euphronius' was in der Deutung von Hedreen soviel bedeutet wie Euphronius macht sowas nie (schliesslich gehört er nicht zu dieser aristokratischen Schicht) deshalb sind Darstellungen von Künstlern bei aristokratischen Handlungen ironisch gemeint - sagt Hedreen.

Auf einer Hydra aus München (2421) des Malers Phintias spielen zwei Mädchen das kottabos Spiel:

M. Robertson, The art of vase-painting in classical Athens, Cambridge, 1992, fig. 20


Die beiden sprechen aber einen dorischen Dialekt (Inschrift) der sie als spartansiche Frauen kennzeichnet und das ganze daher eine Inversion der sozialen Realität darstellt.
Das ganze hat er noch mit Texten verdeutlicht, die als Modell gedient haben. Desöfteren wurden sogar nachgewiesene Freunde 'humurös' beschrieben und kamen nicht so gut weg dabei trotzdem waren sie nicht nur das Ziel dieser Spötteleien sondern oft auch denjenigen für den das Gedicht extra geschrieben wurde. Ebenso wie wahrscheinlich bei den Gefäßen.




1 comment:

  1. „Jambisch“ spielt sicher auf die weiter unten genannten Texte an, die offensichtlich in Versform verfasst waren. Ein Jambus ist ein Versfuß, und zwar die Folge unbetont – betont, unbetont – betont (z.B. Heinrich Heine, Belsazar: Die Mítternácht zog n´äher schón…) bzw. in der Antike kurz – lang, kurz – lang, da hier für die Versform nicht die Betonungen, sondern die Längen und Kürzen der Silben ausschlaggebend sind.

    Die Münchner Amphora 2307 war mein allererstes Referatsthema in Klassischer Archäologie! Das Proseminar ging über Bilder vom troianischen Krieg, auf der Vorderseite der Amphora ist die Rüstung des Hektor im Beisein seiner Eltern dargestellt. Dort ist die Inschrift zu lesen: egraphsen Euthymides – gemalt hat es Euthymides, die Malersignatur (während der Töpfer schrieb: … epoiesen, also … hat es gemacht). Als Fortsetzung davon ist wohl auch die Inschrift auf der Rückseite zu verstehen, hos oudepote Euphronios – wie niemals Euphronios: Euthymides hat das Gefäß bemalt, wie Euphronios (es) niemals (gekonnt hätte)! Die Pioniermaler, zu denen Euphronios und Euthymides gehören, bringen auf ihren Vasen zahlreiche Anspielungen auf ihre „Kollegen“ unter, oft auch scherzhafte, da hat Hedreen durchaus Recht, und anscheinend herrschte große Konkurrenz in dieser Zeit, wo man viel Neues ausprobierte und herumexperimentierte. Dazu gehörte vor allem die Darstellung menschlicher Körper aus den verschiedensten Ansichten, wie eben bei den drei tanzenden Männern, auf die Euthymides offensichtlich besonders stolz war. Diese Deutung der Inschrift ist mir bei der Vorbereitung meines Referates mehrfach begegnet (bei Neumann und weiteren, ich weiß nicht mehr exakt, wo in der unten genannten Literatur).

    Die Interpretationen der anderen Vasen kann ich spontan nicht beurteilen. Aber woraus folgert Hedreen, dass dorisch sprechende Frauen Spartanerinnen sein müssen?

    Aber auch wenn ich einige Details anders interpretieren würde, stimme ich mit Hedreen darin überein, dass die Darstellungen sicher humoristisch zu verstehen sind.

    Literatur: (Abkürzungen nach den Richtlinien des Deutschen Archäologischen Instituts, http://www.dainst.org/medien/de/richtlinien_abkuerzungen.html)

    Zur Vase:

    P.E. Arias – B.B. Shefton, Greek Vase Painting (1962) 326f.
    ARV² I (1963) 26-30
    CVA München, Museum antiker Kleinkunst 4 13-15. Taf. 165-168 (D 543-546)
    FR I (1904) 63-71. Taf. 14
    B. Knittlmayer, Die attische Aristokratie und ihre Helden (1997) 46-79
    LIMC IV 1 (1988) 482-486 s. v. Hektor
    K. Schefold, Götter- und Heldensagen der Griechen in der spätarchaischen Kunst (1978) 194-201
    E. Simon, Die griechischen Vasen (1976) 101

    Zur Pioniergruppe:

    J. Boardman, Rotfigurige Vasen aus Athen. Die archaische Zeit (1981) 32-42

    Zu den Vaseninschriften:

    G. Neumann, AA 1977, 38-41

    ReplyDelete